„Technologie interessiert niemanden!“

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ASK Chemicals setzt seit 2020 auf eine Cloud-first-Strategie, Unterstützung kommt vom Hyperscaler Amazon Web Services (AWS). Seither haben sich nicht nur Performance und User-Experience (UX) verbessert, sondern auch die Computing-Kosten reduziert: Eine Win-Win-Situation für das mittelständische Industrieunternehmen, und auch für CIO Christian Dusek, der die Migration mit seinem Team in nur zehn Monaten erfolgreich durchführte.

Von „anywhere, anytime, any platform“ konnten die Anwender:innen bei ASK Chemicals bis Anfang 2020 nur träumen. Schließlich liefen IT-Infrastruktur und Services wie Datenbankverwaltung oder Application-Managed-Services seit 2015 in einem Private-Cloud-Rechenzentrum in den USA im Bundestaat North Carolina. „Die Nachteile summierten sich irgendwann ins Endlose“, erinnert sich Christian Dusek, CIO bei ASK Chemicals. „Dazu zählten eine magere Performance, fehlende Skalierbarkeit und lange Antwortzeiten mit schlechter User-Experience für unsere weltweiten Nutzer:innen. Obendrauf kamen noch eine nicht mehr zeitgemäße IT-Security sowie fehlende API-Schnittstellenkommunikation, um nur einige der vielen Baustellen zu nennen.“

ASK Chemicals liefert seine Lösungen an namhafte Kundenunternehmen, u. a. aus den Bereichen Automotive, (Wind-)Energie, Infrastruktur, Maschinen- und Bergbaubau.

Hyperscaler mit entscheidenden Unterschieden

Nach sorgfältiger Evaluation und Gesprächen mit den Hyperscalern Microsoft und Amazon fiel 2019 dann die Entscheidung für eine Cloud-Migration mit Amazon Web Services (AWS): „Dies war recht einfach, denn während Mi­cro­soft starr und unflexibel erschien, fragte Amazon, was wir brauchen, wann wir starten möchten und welche Expert:innen wir uns an unserer Seite wünschen“, blickt der CIO zurück.

Für ASK Chemicals war das der richtige Weg, denn Innovation funktioniert für den CIO und seine Kolleg:innen nur, wenn sie sich erstens selbst ständig hinterfragen und zweitens das Unternehmen dadurch ständig verbessern sowie die Prozess- und IT-Organisation weiterentwickeln können – „und dafür braucht es Partner mit dem gleichen Mindset“.

„Hybride Infrastrukturen sind immer ein Mittelding zwischen zwei Welten, die nicht funktionieren können, denn man hat die Nachteile beider Welten, aber niemals alle Vorteile.“

Herr Dusek

Christian Dusek

CIO ASK Chemicals

Lokal unterstützt wurden und werden die Hildener von einem hiesigen IT-Dienstleister und Cloud-Spezialisten, der in puncto AWS und Microsoft 365 die erforderliche Kompetenz für das mittelständische Unternehmen mitbrachte. Christian Dusek bringt seine Sichtweise auf den Punkt: „Es geht immer um ‚People’ und ‚Processes‘, erst danach um die Technologie – denn Technologie interessiert niemanden. Wenn ein gemeinsames Verständnis bei allen Stakeholdern zu Zielen und Ergebnissen (People-Onboarding) sowie über die vor- und nachgelagerte Prozessgestaltung (Process-Alignment) sichergestellt ist, kommt der Rest von ganz allein.“

Ziel: Cloud-Migration

Alle Details festgezurrt, startete man 2020 fast zeitgleich mit dem Beginn von Corona in die Umsetzung des neuen Digital Core. Der Zeitplan dazu war ambitioniert und funktionierte deshalb so gut, weil ASK Chemicals schon davor technisch und organisatorisch in puncto Remote-Work gut aufgestellt war und die Mitarbeitenden nun nahtlos im Home­office arbeiten konnten. Dasselbe galt für den deutschen IT-Dienstleister, der 2020 ebenfalls nur noch remote erreichbar war, „was nicht nur eine kulturelle Herausforderung war, sondern auch den Aufwand bezüglich Abstimmung und Reporting erhöhte“, erläutert Christian Dusek.

ASK Chemicals Gruppe

Die ASK Chemicals Gruppe mit Hauptsitz in Hilden bei Düsseldorf (Deutschland) ist ein weltweiter Anbieter von leistungsstarken Industrieharzen und -mate­rialien. Die Produkte des Unter­nehmens kommen hauptsächlich in Gießereien und bei der Herstellung von Schleifmitteln, feuerfesten Materialien, Papierimprägnierung, Beschichtungen, Isolierung und Verbundwerkstoffen zum Einsatz. Das Unternehmen verfügt über ein Produktions- und Vertriebsnetzwerk in 22 Ländern und beschäftigt weltweit rund 2.000 Mitarbeitenden.

Trotz aller zusätzlicher Herausforderungen war die Migration ein voller Erfolg: „Wir sind 2020 trotz Corona und Homeoffice zwischen März und Dezember von einer 100-­­pro­­zen­tigen On-Premises-Infrastruktur in eine 100-prozentige Cloud-Infrastruktur migriert – mit 22 Ländern, 30 Gesellschaften und insgesamt 78 IT-Systemen. Davon wurden 56 Systeme per Lift-and-Shift überführt, 15 durch neue Lösungen oder Redesigns ersetzt und sieben Systeme blieben, wo sie waren“, zählt Christian Dusek auf, der sich und seinem 35 Köpfe zählenden Team immer straffe Deadlines setzt. „Und dennoch sind wir immer ‚in time, in quality and on budget’.“ Dazu trägt nun auch bei, dass AWS in Nord-/­Südamerika und Europa – genauer gesagt in Irland – die AWS-Infrastruktur hostet, somit ehemalige Mängel wie Performance optimiert wurden und Latenzen Geschichte sind.

Umfang Cloud-first-Projekt bei ASK Chemicals

  • 158 Server
  • 21 SQL-Datenbanken
  • 15 SAP-Systeme
  • parallele ERP-Migration auf SAP BW/4HANA

Klare Kosteneffekte

Von den Verbesserungen profitiert der Private-Equity-finanzierte Mittelständler im Alltagsgeschäft immens. Warum diese so erfolgreich und schnell umgesetzt werden konnten, erklärt Christian Dusek folgendermaßen: „Während einer IT-Transformation nehmen wir den klassischen Administrator:innen – salopp gesagt – ihr Spielzeug weg, wenn wir etwa das Server-Management in die Cloud verlagern. Bei ASK Chemicals jedoch hat das technische Umfeld auch dank eines professionellen Change-Managements sehr gut reagiert, dieser Teil war quasi ein Selbstläufer.“ Und die Zahlen geben ihm Recht: Zwar sind einige Lizenzkosten nun höher als vor der Migration, und dennoch spart das Unternehmen im Compute-Bereich eine Million Euro auf fünf Jahre gerechnet, inklusive besserer UX dank der neuen Microsoft-Online-Services.

Digitalisierung ist Game-Changer

Weitere Vorteile sind laut CIO Christian Dusek eine „wahnsinnige“ Skalierbarkeit und „riesige“ Flexibilität. Zum Vergleich: „Früher mussten wir, wenn es schlecht lief, monatelang auf neue Storage-Ressourcen warten. Das ist in der AWS-Cloud nun mit einem Mausklick erledigt“. Die große Flexibilität, z. B. im Umfeld von Mergers & Acquisitions, oder auch im Zuge neuer Produktimplementierungen, erlaubt beispielsweise, Internet-of-Things (IoT)-Anwendungen für Füllstandsmessungen oder Augmented-Reality (AR)-Lösungen für die Interaktion mit Kund:innen in kürzester Zeit zur praktischen Anwendung zu führen. „Cloud-first ist somit auch die Basis für neue digitale Geschäftsmodelle, ein wertvoller Impulsgeber und gleichzeitig der Enabler. Und mit AWS an unserer Seite haben wir den Dienstleister, der die dafür notwendigen Lösungen für Künstliche Intelligenz (KI) und Machine-Learning (ML) liefert.“

Alles in allem betrachtet Entwicklungen, die das Unternehmen nicht nur prozess- und IT-seitig leichtfüßiger machen, sondern auch Auswirkungen auf Personal und strukturelle Entwicklungen haben. „Digitalisierung ist da, es geht nicht mehr um das ‚Ob‘, sondern nur noch um das ‚Wann und Wie‘“, sagt Christian Dusek. „Unsere Kund:innen fordern uns in diesem Bereich, und wir betrachten Digitalisierung und auch Sustainability als echte Value-Treiber für unser Unternehmen, in die es nachhaltig und smart zu investieren gilt.“ Dies gilt auch für die Digital-Natives in den Unternehmen, die heutzutage nicht mehr danach fragen, sondern davon ausgehen, dass dies gelebte Praxis ist.

Auf dem Weg verloren gegangen

Herausfordernd auf dem Weg in die Cloud war auch das Thema Daten. „Oder besser gesagt die massenhafte Datenmigration“, erklärt Christian Dusek, „denn beim Transfer verloren wir sämtliche Metadaten zu Owner, Erzeuger, Erstellung und Änderungen.“ Ein Fehler, der zwar korrigiert werden konnte, allerdings viel Zeit und Ressourcen in Anspruch nahm.

Im Bereich Cyber-Security gilt nun auch ein neuer Standard: Was zuvor gut funktionierte, läuft heute auf High Level. „Wir absolvieren regelmäßig Penetration-Tests, simulieren Disaster-Recovery-Prozeduren und üben unsere Incident-Response-Prozesse“, so Christian Dusek. „Außerdem nehmen wir einmal jährlich eine Region komplett offline und bauen die Umgebung innerhalb kürzester Zeit neu auf. Zur Steigerung des Reifegrades in Bezug auf Cyber-Crime-Resilienz unserer User-Community sind unsere IT-Awareness-Programme ebenfalls verpflichtend.“

Unterwegs in die S/4-Welt

Alte Zöpfe schnitt ASK Chemicals auch im Datenbankumfeld anlässlich der Cloud-Migration ab: So wurde die Oracle-Datenbank auf das neu installierte SAP BW/4HANA umgestellt. 2023 soll ein Programm gestartet werden, welches die restlichen ERP-Systeme harmonisiert und konsolidiert. Denn für das kommende Jahr plant ASK Chemicals eine Initiative zur Umstellung auf S/4HANA. Rückblickend lässt sich Christian Duseks Empfehlung auf zwei simple Worte einstampfen: Be brave. „Mach es einfach, setzt dir eine knappe Timeline, kommuniziere klar und verständlich“, von dieser Herangehensweise ist der CIO überzeugt. Und er gibt noch einen Gedanken mit auf den Weg: „Hybride Infrastrukturen sind immer ein Mittelding zwischen zwei Welten, die nicht gut funktionieren können, denn man hat die Nachteile beider Welten, aber niemals alle Vorteile.“

Bildnachweis: ASK Chemicals GmbH, Shutterstock+Daniella Winkler

Autorin

Autorin: Sarah Meixner
blaupause-Redaktion
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